Die Statistik zum Sonntag

Wenn der Münchner Stadtrat eine Anfrage mit dem Titel „Beleuchtungskampagne für Radlfahrer in München starten!“ an das KVR und die Polizei stellt, kann die Antwort für einen radverkehrspolitisch Aktiven nur interessant werden.

Zuerst einmal ein herzliches Dankeschön an das Portal München-Transparent, das endlich ein zeitgemäße Oberfläche für schnellen Zugang zu Stadtratsdokumenten anbietet, während das alte System noch im alten Jahrtausend verharrt. Erst so stieß ich auf den großen Fundus an Radverkehr(s/t)politik 🙂

Zusammengefasst hat sich der Antragsteller an einem Abend für fünfzehn Minuten in die Residenzstraße gestellt und hatte den Eindruck, dass „mindestens jedes 3. bis 4. Fahrrad unbeleuchtet“ ist und dass „die zuständigen Behörden in jedem Herbst eine gesonderte Aufklärungskampagne in der Öffentlichkeit fahren [sollten] und gleichzeitig den Kontrolldruck erheblich steigern, um diese unnötige Gefahrenquelle zu minimieren„.

„Wirtschaft warnt vor Verkehrskollaps“ – Münchner Merkur

Im Münchner Merkur wird gerade vor der Großen Verkehrsapokalypse gewarnt:

Überfüllte U- und S-Bahnen gefährden nach Ansicht der bayerischen Wirtschaft Münchens Attraktivität für Fachkräfte. „Schon heute bringt die kleinste Störung das Verkehrssystem zum Kollabieren“, sagte Peter Kammerer, Bereichsleiter Volkswirtschaft der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, der Nachrichtenagentur dpa. Straßen und öffentlicher Nahverkehr müssten dringend ausgebaut werden, damit die Arbeitnehmer mit vertretbarem Aufwand zu ihren Arbeitsplätzen kommen.

und

Ein leistungsfähigeres Netz an Hauptstraßen könne das Verkehrsaufkommen bündeln und flüssiger machen.

Postfossile Mobilität
Postfossile Mobilität in Dänemark

Obwohl im ganzen Artikel kein Wort über die naheliegendste Lösung fällt (klar, das Fahrrad), ist auch die Idee vom Ausbau der Hauptstraßen nicht wirklich sinnvoll. Denn es stellt sich damit in der Stadt wieder die Frage nach der Verteilung des begrenzten Raumes: Baut man Häuser zum Leben oder Straßen zum Fahren? Baut man nun Straßen, werden die Häuser halt außerhalb von München gebaut, was wieder den Pendlerverkehr steigert und die Straßen wieder auslastet. Langfristig gewinnt man dadurch nichts.

Schönes Beispiel ist da die USA, die ja auch schon so viel Erfolg damit gehabt haben, riesige Stadtautobahnen zu bauen, um Staus zu vermeiden und die Menschen aus den Suburbs in die Stadt zu leiten. Daher gilt nach wie vor das Bonmot: Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.

Dabei scheint der Stau ein eigentlich gutes Regulativ für den motorisierten Individualverkehr (MIV) zu sein: Je öfter Stau ist (durch Baustellen oder langfristige Verkehrsflussänderungen), desto weniger Menschen fahren mit dem Auto, bis sich wieder eine „angenehme“ Staulänge eingestellt hat. Denn eine halbe Stunde kann man verkraften, zwei Stunden hingegen weniger. Natürlich müssen Alternativen bestehen, z.B. ein günstiger und dicht getakteter ÖPNV oder ein fahrtüchtiges Fahrrad im Keller oder vor der Haustür.

Verkehrspolitik
Kopenhagener Verkehrspolitik

 

Plant man jedoch, Autoparkplätze in Fahrradparkplätze umzuwandeln, weil die Gehsteige sonst von zahlreichen Rädern blockiert werden und die Autos eh 23 Stunden am Tag nur nutzlos rumstehen, ist das Geschrei der umliegenden Ladeninhaber groß: Wo sollen denn meine Kunden parken? Dass Fahrradfahrer, Fußgänger und ÖPNV-Nutzer auch Kunden sind, scheint da irgendwie nicht ins Bewusstsein der Ladeninhaber zu dringen. Dabei ist die Geldbeuteldichte bei Radfahrern viel größer als bei Autofahrern. Auf den Platz eines Autos mit durchschnittlich 1,4 Geldbeuteln kommen locker 6 Fahrräder mit einem eigenen Fahrer nebst Geldbeutel, der gerne sein durchs Fahrradfahren gesparte Geld in lokalen Läden ausgibt. Fürs Geschäft wäre es eigentlich das Beste, Autoparkplätze zu reduzieren.

Wissenschaftlich untersucht wurde dieser Zusammenhang in Toronto, Kanada:

Cycling is good for businessCyclists tend to be more reliable customers than drivers, spend larger amounts of money per capita per month, and are easily attracted with appropriate infrastructure.
As a larger share of trips in North American cities are made by bicycle, businesses should seize the opportunity and support investment in cycling infrastructure to increase competitiveness.

Die Reduktion der Autoparkplätze hätte den tollen Nebeneffekt, dass sich dadurch auch der MIV reduziert: Denn wo möchte man hinfahren, wenn man dort nicht parken kann? Was klarerweise ebenfalls fürs Fahrrad gilt 🙂

Ganz legal über Rot – vielleicht auch bald in München?

Frankreich-Gelbpfeil
(cc by-nc-sa StefanS, radreise-wiki.de)

Während einer Radtour durch das Rhône-Tal in Frankreich fiel mir an einer Ampel ein interessantes Zusatzschild auf, das Radfahrern erlaubt, auch bei Rot geradeaus zu fahren bzw. rechts abzubiegen, natürlich unter Beachtung des bevorrechtigten Verkehrs.

Eine kurze Recherche ergab, dass diese Regelung seit 2012 für ganz Frankreich in Kraft getreten ist und sogar schon länger in den Niederlanden existiert und mir persönlich sind bis jetzt noch keine negativen Erfahrungen zu Ohren gekommen. Denn eigentlich kommt der Fuß- und Radverkehr  auch ohne Ampeln aus (die erst mit der zunehmenden Verbreitung von Automobilen notwendig wurden):

In Deutschland rangieren Radunfälle, die durch das Nichtbeachten von Ampeln geschehen, trotz zahlreicher Gegenstimmen auf den hinteren Plätzen, während klassische Rechtsabbiegeunfälle den größten Anteil haben. Während die Polizei aber das Ignorieren einer Ampel leicht festestellen und ahnden kann, kann sie wohl einen „vergessenen“ Schulterblick oder einen knappen Überholvorgang von Autofahrern nur schlecht verfolgen (und mehr als mahnende Worte gibt es da meist auch nicht).

In den kommenden Monaten wird es bestimmt wieder einen überraschenden Anstieg der Radunfälle geben, die Polizei übersieht in ihrer Pressemitteilung bestimmt wieder den unerklärlichen Zusammenhang mit dem gestiegenem Radverkehrsanteil (auch bekannt als „Radlsaison“) und macht bestimmt wieder die üblichen PR-Maßnahmen, als stattdessen die wirklichen Gefahren zu beseitigen: Nämlich rechtsabbiegende Kfz und LKW, die den Vorrang des Fuß- und Radverkehrs unerklärlicherweise regelmäßig missachten.

Um aber dennoch einen konstruktiven Beitrag für die künftige Verkehrspolitik abzuliefern, mache ich abschließend noch folgenden Vorschlag: Anbringen eines Grünen Pfeils (Zeichen 720) mit einem Zusatzzeichen, z.B. „nur für Radfahrer“ an vorhandenen, aber eigentlich unwichtigen Ampeln und die begleitende Untersuchung zur Akzeptanz und Unfallzahlenentwicklung. Am Rotkreuzplatz gibt es ja bereits eine erste Fahrradampel mit einem Grünen Pfeil. München scheint ja doch schon etwas fortschrittlicher zu sein 🙂

Wenn jetzt noch wesentlich mehr Kfz-Stellplätze in Radständer, wie z.B. in der Türkenstraße geschehen, umgewandelt werden würden, ist der Titel „Radlhauptstadt München“ nicht mehr nur ein gekaufter Titel, sondern hoffentlich bald handfeste Realität.

versammlung, chilly & bikeshorts

Anfang des Jahres traf sich „der Verein zur Förderung umweltfreundlicher Verkehrsarten und -mittel, Fahhradselbsthilfe Bikektichen e.V. im Machwerk zur 3.Mitgliederversammlung. Dazu gab es veggy chilly, very nice und danach bikeshorts wie betrunkene Fahrradpiratinnen zu LCD Soundsystemmusic, awhoo!

Bevor ich euch das video präsentiere, hier noch was was war:

Aus dem Jahresbericht von Kirstin: Man könnte sagen, die Bikekitchen ist etabliert. Nicht in dem Sinne, dass sie zu den Grandes Dames der Münchner Kultur- Sozialvereine zählt, sondern mehr in dem Sinne, dass die bikekitchen in München bekannt und bewährt ist. Prozesse haben sich eingespielt, der Ort ist verlässlich und einzelne Bikekitchen Mitglieder machen das, worauf sie Lust haben. Die zweiten Donnerstage im Monat sind im Machwerk feste Institution, ebenso wie die Planungstreffen „Bikeshower“ im Cafe Regenbogen. Es gab weniger Kurse als im letzten Jahr, diese wurden jedoch mit Erfolg durchgeführt, es hat sich so etwas wie ein Kooperationsnetzwerk eingerichtet. Wir haben geschafft, die Bikekitchen auf mehr Beine zu stellen, Bikeshowers laufen demokratisch ab und jede/r kann das einbringen, was ihm/ihr wichtig ist.

gruppenbild
v.l.n.r. Annette, Karin, Paulina, Patrick, Mario

So ist es mir als erste Vorsitzende und Annette als erste Schatzmeisterin möglich, den Hut abzugeben. Annette geht nach Kanada und verfolgt neben Bären auch bikekitchen.de, und ich widme mich neben meinem Job dem 2. Standbein Freiberuflichkeit. Das heißt jedoch nicht, dass ihr mich los seid. Ich bin sehr beeindruckt, dass aus der Idee Bikekitchen mit anfänglichem Superaktionismus und vielleicht auch Hysterie das geworden ist was es ist (s.o.)

Patrick ist nun neuer 1. Vorsitzender und Karin neue Schatzmeisterin (einstimmig gewählt). Beide sind alte Bikekitchen- Häsinnen und wir freuen uns, so eloquente Nachfolge gefunden zu haben. Paulina hält die Stellung als 2. Vorsitzende.

Whats next in 2014? Bikekitchens, Festivals, Kooperationen, Ausflüge. Mit uns, mit Euch. Wenn du gerne die Bikekitchen unterstützen möchtest, kannst du das als aktives Mitglied oder Fördermitglied tun, wenn Du nur schrauben wilsst oder schrauben lernen willst auch dann ein herzliches wilkommen!