Impressionen zum Cyclocamp 2023 in Strasbourg

Übersicht des Camps

Im Juli 2023 fand in Strasbourg ein Treffen von Fahrradenthusiasten, Makern, Künstlern und anderen tollen Menschen statt, auf einer schönen Wiese umrahmt Wald, Gemeinschaftsgärten und einer TGV-Strecke.

Die Struktur des Camps wurde von der lokalen Bikekitchen organisiert und aufgebaut, der Erhalt und die Pflege lag dann in den Händen der Gemeinschaft. Täglich gab es ein Plenum zur Diskussion wichtiger Themen (Essen, Workshops, Werkzeugdisziplin, Security, Konzerte, Aktionen, …), die restliche Zeit war selbstorganisiert. Spenden sicherten die Beschaffung von Essen, Strom und Wasser.

Workshops gingen in die technische (Vhelio-Projekt, Löten, Reiseoptimierung mit Openstreetmap, Kettenschmierungen, …), künstlerische (Siebdrucken, Buttons, …) und soziale Richtung (Diversität in Bikekitchens, Besuch belgischer und französischer Werkstätten, …). Daneben war auch viel Zeit zum Experimentieren und Basteln, bspw. eines Superman-Fahrrads mit extrem kleinen Vorderrad, oder eines Fixies mit gleichausgerichteten Kurbelarmen. Konzerte wie von Fanfare FEIS, Präsentationen, Exkursionen in die Stadt und andere Aktivitäten rundeten das vielfältige Programm ab.

Bis zum nächsten Cyclocamp!

Die Antreiber – Ma Ville à Velo 08 in Charleville-Mézières

Die Stadt Charleville-Mézières ist die Hauptstadt des französischen Ardennen-Departements, was die Ordnungsnummer 08 hat. Die Stadt liegt malerisch an der Maas, die hier einige Schleifen mäandert und wo einige Schleifen auch mit Schleusen kurzgeschlossen worden sind. Dieses Jahr war die Stadt auch Durchgangsort einer Etappe der Tour de France, die über die beeindruckende Place Ducale führte. In der Stadt merkt man wieder, dass die Verwaltung und Politik den Radverkehr ernst nimmt und sich um Stellplätze, Radwege und Wegweisung kümmert. Zwar noch nicht auf dem Niveau von Gent, aber deutlich über dem von Tournai.

Beispielsweise sieht man das an der Initiative Ma Ville à Velo 08. Die Fahrradwerkstatt mit Pausenraum und strategischem Planungssofa befindet sich direkt an einer Durchgangsstraße, wo man den Autofahrern im Stau stehen zugucken kann. Im Büro liegt der Bürgermeister auf der Schnellwahltaste, und es werden Ideen und Pläne zur Verbesserung des Fahrradfahrens bei Keksen, Kaffee und marokkanischem Minztee diskutiert. Die Initiative wird teils durch die Stadt, teils durch Mitgliedsbeiträge und Fahrradverkäufe finanziert.

Die Werkstatt hat wunderschön gestaltete Anleitungen zum richtigen Reparieren und Einstellen von Bremsen, Schaltung etc. Und natürlich einen Keller, der mit guten, gebrauchten und schrottigen Rädern gefüllt ist.

Selbstverständlich wurden im Rahmen des internationalen Botschafter-Programms der Fahrradselbsthilfe-Werkstätten zur Förderung der grenzüberschreitenden Solidarität und des quietschfreiens Fahrradverkehrs auch Sticker ausgetauscht.

Update: Die Freunde aus Charleville-Mézières haben einen kurzen Bericht mit französischer Übersetzung dieses Artikels verfasst. Vielleicht übersetzen sie auch noch dieses Update? Rekursion ad infinitum 🙂

Dieser Artikel ist Teil einer Serie über europäische Fahrradselbsthilfe-Werkstätten.

Schrauben unter den Augen von Grand Jacques – Biciklo Tournai

Die Stadt Tournai ist deutlich kleiner als Gent oder Liège, und hier rumpelt man eher langsam über das unebene Kopfsteinpflaster, als bequem darüber zu rollen. Der Autoverkehr herrscht vor, während Radfahrer nur spärlich unterwegs sind.

Im Zentrum von Tournai befindet sich in einem Jugendzentrum das Veloatelier Biciklo, ein Wortspiel zwischen Bicycle und dem Dialekt-Wort Biklo (ausgesprochen bikluu). Jaja, ich musste auch erst an eine rollende Toilette denken…

Eine Besonderheit ist eine riesige Figur namens Grand Jacques, der bei bestimmten Festen durch die Stadt gefahren wird. Der Kopf von Jacques ist ungefähr so alt wie das Jugendzentrum, ca. 40 Jahre. Der Körper wurde erst kürzlich von den Jugendlichen neugebaut, da der ursprüngliche Körper irgendwann nicht mehr da war. Und unter dessen Augen werden regelmäßig Fahrräder repariert.

Auch wenn die Stadt bei weitem nicht so weit ist wie bspw. Gent, gibt es bereits die Grundstruktur für eine bessere Fahrradzukunft.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie über europäische Fahrradselbsthilfe-Werkstätten.

Wer kocht denn hier Fahrräder? – Die Fietskeuken Gent

Gent steht etwas im Tourismus-Schatten der mittelalterlich-romantischen Nachbarstadt Brügge, hat aber ebenfalls ein gut erhaltenes Stadtzentrum, was fast vollständig mit dem Fahrrad befahren werden kann, trotz Kopfsteinpflaster. Entlang von Kanälen, unter Brücken hindurch, und auf breiten Fahrradstraßen kommt unweigerlich ein gewisses Amsterdam-Gefühl auf. Tatsächlich investiert die Stadt einiges an Geld und Mühen, um den Radverkehr zu fördern und um so zum belgischen Amsterdam zu werden. Das Zwischenergebnis lässt sich auf jeden Fall sehen, denn Radfahren macht hier Spaß. Das Fahrtempo und die gefühlte Fahrraddichte ist ähnlich hoch wie in der niederländischen Stadt — torkeln und ohne Signal abzubiegen kann man sich nicht lange erlauben.

Die Fietskeuken befindet sich, gefördert durch die Stadt Gent, in einer ehemaligen Möbelfabrik, die ähnlich wie das Kreativquartier in München durch verschiedene Gruppen genutzt wird. Die Geschichte ist etwas dunkel, aber seit ca. 2011 gibt es die Werkstatt. Offenbar besuchten die Gründer zu dieser Zeit Deutschland und lernten dort das Konzept einer Bikekitchen (vielleicht sogar der Münchner?) kennen. Zwischennutzungsbedingt sind sie noch ca. 3 Jahre an diesem Ort, und dann gehts wieder auf die Suche…

Im Rahmen des internationalen Botschafter-Programms der Fahrradselbsthilfe-Werkstätten zur Förderung der grenzüberschreitenden Solidarität und des quietschfreiens Fahrradverkehrs wurden auch Sticker ausgetauscht.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie über europäische Fahrradselbsthilfe-Werkstätten.

Neues aus Liège – Ein Besuch bei Roue Vivegnis

Liège ist eine Stadt im Osten von Belgien. Ein großes kulturelles Zentrum, französischsprachig, und Heimat der Fahrradselbsthilfe-Werkstatt „Roue Vivegnis“ — ein Wortspiel zwischen „Rue – Straße“ und „Roue – Rad“, da sich die Werkstatt in der Rue Vivegnis 297 im Nordosten der Stadt befindet.

Umzugs- und pandemiebedingt war die Werkstatt lange Zeit geschlossen, und am 17.06.2022 gab es eine große Eröffnungsfeier. Ähnlich wie die WerkBox³ und wir, mussten sie immer wieder umziehen und neue Räumlichkeiten in Liège finden. Damit ist jetzt aber Schluss, denn die Gruppe hat das leerstehende ehemalige Industriegelände gekauft und ist nun unabhängig von möglichen „attraktiven“ Bauvorhaben.

Neben der Fahrradwerkstatt gibt es auch eine große Halle für Kunst- und Handwerksprojekte, ähnlich wie in der WerkBox³. Auch laden einige Freakbikes (Tallbikes, Swingbikes, …) zum gepflegten Fahrradfahren ein, wenn man sich traut…

Am Abend gab es zum Abschluss noch eine gut besuchte Critical Mass durch die Stadt.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie über europäische Fahrradselbsthilfe-Werkstätten.